Poker Essays

Strategie, Mindset und Beispiele für Theorie und Praxis

The Fundamental Theorem of Poker (der fundamentale Pokerlehrsatz)

Einleitung

In diesem Artikel bespreche ich mit dir das so genannten “The fundamental Theorem of Poker” (FTOP) oder auf deutsch – den fundamentalen Pokerlehrsatz. Du lernst sowohl das Theorem an sich kennen als auch typische Missverständnisse bzgl. seiner Interpretation für das praktische Spiel.

Der fundamentale Pokerlehrsatz

Das fundamental Theorem of Poker wurde vom amerikanischen Pokerspieler und Autoren zahlreicher Poker Bücher David Sklansky in seinem Werk The Theory of Poker beschrieben. Im Buch findest du folgende Definition:

“Every time you play a hand differently from the way you would have played it if you could see all your opponents‘ cards, they gain; and every time you play your hand the same way you would have played it if you could see all their cards, they lose. Conversely, every time opponents play their hands differently from the way they would have if they could see all your cards, you gain; and every time they play their hands the same way they would have played if they could see all your cards, you lose.”

Im wesentlichen beschreibt das Theorem damit, was erfolgreiches Spiel von weniger erfolgreichem Spiel unterscheidet. Bei näherer Betrachtung läßt es sich in die folgenden vier Teilaussagen, die Akademiker würden wohl sagen Lemmata, unterteilen:

  1. Jedes mal, wenn du eine Hand anders spielst, als wenn du alle Karten deiner Mitspieler sehen könntest, gewinnen sie.
  2. Jedes mal wenn du eine Hand genauso spielst, als wenn du alle Karten deiner Mitspieler sehen könntest, verlieren sie.
  3. Jedes mal wenn deine Mitspieler ihre Hände anders spielen als wenn sie deine Karten sehen könnten, gewinnst du.
  4. Jedes mal wenn deine Mitspieler ihre Hände genauso spielen, als wenn sie deine Karten sehen könnten, verlierst du.

Sklansky gibt in seinem Buch verschiedene Beispiele, anhand derer er die Anwendbarkeit des Theorems untersucht. Ich möchte dir an dieser Stelle gleich das erstgenannte Beispiel vorstellen, empfehle dir jedoch auch das Studium des Buches und der darin genannten anderen Beispiele.

Beispiel zum fundamentalen Pokerlehrsatz

Sieh dir dargestellte Situation an.


Beispiel zum FTOP am Flop

Am Flop sind noch zwei Spieler in der Hand, nämlich MP2 und MP3. MP2 hält J♥ T♥ und MP3 hält den K♠ Q♦. Das Board zeigt die Q♥, die 8♣ und die 7♥. Nimm an, dass MP2 checkt, MP3 eine bet setzt und MP2 callt. Es geht an dieser Stelle auch nicht um die Größe des Pots oder der Bets, nimm einfach an, dass diese sich in einem für die Situation angemessenem Rahmen bewegen.

Am Turn erscheint das A♦ und MP2 setzt eine Bet.


Beispiel zum FTOP am Turn

Wenn du an dieser Stelle versuchst das Fundamental Theorem of Poker anzuwenden, kannst du drei Aussagen tätigen.

  • Gemäß des Theorems wäre die korrekte Antwort von MP3 ein Raise. Denn würde MP3 die Karten von MP2 kennen, dann würde er den Einsatz von MP2 erhöhen, und zwar so hoch, dass die Chance auf Flush oder Straight für MP2 im Verhältnis zu klein wäre.

Wenn MP3 anders spielt, als wenn er die Karten von MP2 kennt, wären ein Call oder ein Fold möglich.

  • Wenn MP3 nur callt, hätte MP2 gewonnen, und zwar weil die nächste Karte günstiger ist als nach einem Raise und weiterhin die Chance auf den Pot besteht.
  • Wenn MP3 foldet, hätte MP2 gewonnen, da er den Pot mit der schlechteren Hand gewinnt.

Das Beispiel an sich mag trivial sein, aber es veranschaulicht auf deutlich Art und Weise die Kernaussage des Fundamental Theorem of Poker. Wann immer ein Spieler seine Hand anders spielt, als wenn er alle Karten seiner Mitspieler kennen würde, gewinnen diese. Wann immer er seine Hand genauso spielt, als wenn er alle Karten seiner Mitspieler kennt, verlieren diese.

Missverständnisse zum fundamentalen Pokerlehrsatz

Sklansky gibt in seinem Buch noch weitere Beispiele und geht auch auf die Anwendbarkeit des Fundamental Theorem of Poker in Multi-Way Pots ein. In diesen kann es zu Situationen kommen, in denen ein Spieler korrektes Spiel eines seiner Mitspieler bevorzugen würde. Und zwar dann, wenn dieses dazu führt, dass er gemeinsam mit diesem Mitspieler auf Kosten des oder der weiteren Spieler im Pot mehr gewinnt als wenn alle Spieler so spielen, als wenn sie alle anderen Karten kennen. Diese Situationen sind sehr speziell, für die entsprechenden Details empfehle ich dir die Lektüre von The Theory of Poker.

Außerdem geht Sklansky auf typische Missverständnisse im Kontext des Fundamental Theorem of Poker ein, und zwar insbesondere auf das Verständnis des Begriffs Fehler bzw. des Verständnisses von korrektem Spiel.

Wenn Du einen Fehler im Kontext des fundamentalen Pokerlehrsatz begehst, heißt das nicht automatisch, dass Du objektiv schlecht gespielt hättest. Es bedeutet lediglich, dass Du anders gespielt hättest, wenn Du alle Karten Deiner Mitspieler kennen würdest.

Schau dir hierzu das zugegebenermaßen sehr plakative Beispiel an.


Beispiel zum Begriff des Fehlers im FTOP

MP1 hält einen Royal Flush, MP2 einen Q-high Straight Flush.

Würde MP2 die Karten von MP1 kennen, dann müsste er gemäß des Fundamental Theorems of Poker auf einen Einsatz (egal wie klein dieser ausfallen würde) von MP1 folden und auf einen Check von MP1 ebenfalls nur checken.

Da im tatsächlichen Spiel die Karten der Mitspieler unbekannt sind, wären je nach Höhe des Einsatzes von MP1 ein Call oder gar ein Raise in Erwägung zu ziehen, bzw. auf einen Check von MP1 eine Bet angebracht.

Zusammenfassung und Ausblick

Ich habe dir in diesem Artikel das Fundamental Theorem of Poker vorgestellt, welches von vielen Spielern als eines der grundlegenden Konzepte für erfolgreiches Pokerspiel angesehen wird, und zwar unabhängig davon welche Pokervariante du spielst.

Das Theorem beinhaltet die folgenden vier Aussagen:
  1. Jedes mal, wenn du eine Hand anders spielst, als wenn du alle Karten deiner Mitspieler sehen könntest, gewinnen sie.
  2. Jedes mal wenn du eine Hand genauso spielst, als wenn du alle Karten deiner Mitspieler sehen könntest, verlieren sie.
  3. Jedes mal wenn deine Mitspieler ihre Hände anders spielen als wenn sie deine Karten sehen könnten, gewinnst du.
  4. Jedes mal wenn deine Mitspieler ihre Hände genauso spielen, als wenn sie deine Karten sehen könnten, verlierst du.

Für ein tieferes Verständnis der vorgestellten Konzepte empfehle ich dir nochmals die Lektüre von The Theory of Poker.