Poker Essays

Strategie, Mindset und Beispiele für Theorie und Praxis

Spielertypen am Pokertisch

Einleitung

In diesem Artikel lernst du die verschiedenen Spielertypen kennen, die dir am Pokertisch begegnen können. Außerdem erfährst du die individuellen Stärken und Schwächen dieser Spielertypen, anhand welcher Merkmale du die Spielertypen kategorisieren kannst und welche Spieler typischerweise die größten Chancen haben, langfristig profitables Poker zu spielen.

Die Einteilung der Spielertypen

Eine bewährte Form, die verschiedenen Spielertypen am Pokertisch zu einzuteilen ist es, jeden Spieler anhand seiner

  • Präferenzen bezüglich aggressiven oder passiven Spiels sowie
  • der Selektion der Spielsituationen im Allgemeinen und der Starthände im Speziellen

zu unterteilen. Während englisch loose Spieler tendenziell bereit sind, sich auf mehr Spielsituationen einzulassen und entsprechend mehr Starthände zu spielen, sind englisch tighte Spieler eher gewillt selektiv diejenigen Spielsituationen anzustreben und diejenigen Starthände auszuwählen, welche tendenziell einen gewissen Ausgangsvorteil versprechen.

Du kannst diese beiden Merkmale wie in einem Koordinatensystem einander gegenüberstellen, und zwar links von ultra passive über passive und aggressive bis ultra aggresive und unten von ultra loose über loose und tight bis ultra tight . Ich habe hier bewusst die englischen Begriffe verwendet und es ist sicher möglich auch andere oder detaillierter Arten der Unterteilung herauszuarbeiten, für diesen Artikel soll die vorgestellte Unterteilung als Ausgangspunkt jedoch ausreichend sein.

Methode zur Unterteilung der Spielertypen

Im Folgenden bespreche ich mit dir die jeweiligen Spielertypen und helfe dir bei der Einschätzung, worauf du am Pokertisch achten solltest, wenn du diesen Spielern gegenüber sitzt.

Loose Passive Spieler

Lass mich mit den tendenziell eher loosen und passiven Spielern starten. Die loose passive Spielweise vereint in sich das schlechteste aus allen Welten. Loose passive Spieler sind nicht sonderlich wählerisch, mit welchen Händen und in welchen Situationen sie spielen und stellen ihre Gegner auch nicht durch aggressives Spiel vor große Denksport-Aufgaben. Zudem führt die Passivität dieser Spielweise dazu, dass auch mit starken Händen keine nennenswerten Gewinne gemacht werden können, weil Chips nunmal durch Bets und Raises in den Pot wandern und nicht durch Checks oder einfache Calls.

Loose passive Spielweise (unten links)

Entsprechend lassen sich aus rein spielerischer Sicht bei loose passiven Spielern auch keine nennenswerten Stärken attestieren, was sie zu gern gesehenen Gästen an jedem Pokertisch macht. Hingegen weist diese Spielweise viele Schwachpunkte auf, besonders signifikant die nicht vorhandene Gegenwehr gegen Attacken der Mitspieler und die schlechte bis nicht vorhandene Selektion bei der Handauswahl, was zwangsweise dazu führt, dass loose passive Spieler überdurchschnittlich häufig mit schlechten Händen in für sie unvorteilhaften Situationen spielen.

Bezüglich der Varianz lässt sich feststellen, dass diese unterhalb des Durchschnitts liegt, was allerdings in keinem Fall positiv ist, da loose passives Spiel tendenziell dazu führt, dass diese Spieler relativ konstant und regelmäßig Verluste einfahren. Entsprechend ist die Population an loose passiven Spielern im Vergleich zu früheren Jahren mittlerweile relativ gering. In größerem Umfang lässt sich diese Spielweise im Live Spiel im Casino beobachten oder online entweder auf den niedrigsten Limits mit den meisten Anfängern oder aber auch auf den höchsten Limits, wo einige Spieler schlicht den Kick des Kartenspiels suchen.

Loose aggressive Spieler

Im Gegensatz zu loose passiven Spielern sind loose aggressive Spieler für die meisten Pokerspieler deutlich unangenehmer zu spielen. Entsprechend gefährlich ist es, wenn ein loose aggressiver Spieler an deinem Tisch sitzt und von dir eine hohe Frustrationstoleranz abverlangt. Dennoch ist es so, dass es genügend loose aggressive Spieler gibt, die bedingt durch ihre laxen Ansprüche bzgl. der Handauswahl häufiger als es ihrer Bankroll gut tut mit schlechten Händen zu viel Aggression zeigen. Das führt gefühlt dazu, dass einige von ihnen ihre Chips fast schon bereitwillig oft von selbst in die Mitte des Tisches schieben, um zusehen zu müssen, wie sie von besseren Händen gecallt werden. Dennoch solltest du gegen loose aggressive Mitspieler immer dein aufmerksamstes Poker spielen, insbesondere, weil sich der loose aggressive Stil, wenn er richtig gespielt wird, als eine der tendenziell profitablen Spielweisen bewährt hat.

Loose aggressiv Spielweise (oben links)

Die wohl größte Stärke dieser Spielweise ist ihre Aggressivität, was bei vielen Gegnern Frustration und damit suboptimales Spiel provoziert. Als Schwächen des loose aggressiven Spiels sind die Gefahr von zu viel Aggression mit schlechten Karten anzumerken, als auch die tendenziell häufig auftretende Situation, dass loose aggressive Spieler ihre Spielweise gar nicht bewusst wählen, sondern selbst auf Tilt sind und zum Beispiel versuchen, durch übermäßige Aggression zuvor verlorene Chips zurückzugewinnen. Die Varianz der loose aggressiven Spielweise naturgemäß relativ hoch und kann zu abstrus hohen Schwankungen in deiner Bankroll führen, jedoch – und auch das hat sich in der Praxis durchaus gezeigt – lassen sich mit loose aggressivem Spiel durchaus signifikante Gewinne generieren.

Die Population der loose aggressiven Spieler ist mittel bis hoch und betrifft alle Limits, sowohl live als auch online.

Tight passive Spieler

Tight passive Spieler sind tendenziell angenehme Zeitgenossen. Sie haben die Grundlagen des Spiels verinnerlicht und sind entsprechend selektiv in ihrer Handauswahl, zeigen jedoch (z.B. aufgrund mangelnder Erfahrung oder theoretischer Lücken im Spielverständnis) zu wenig Aggression mit ihren starken Händen. Dies führt dazu, dass sie mit ihren schwachen Händen gar nicht spielen, also weniger verlieren als loose passive Spieler jedoch mit ihren starken Händen Gefahr laufen, durch fehlende Aggression zu wenig Chips zu gewinnen.

Tight passive Spielweise (unten rechts)

Tight passiven Spieler kann als Stärke ihre Selektionsfähigkeit bzgl. der Handauswahl attestiert werden, und es ist auch so, dass diese Spieler aufgrund ihrer tendenziell entspannten Spielweise ein hohes Durchhaltevermögen am Tisch zeigen. Dennoch erzielen sie aufgrund ihrer passiven Spielweise zu geringe Gewinne. Wenn du auf einen tight passiven Spieler triffst, ist eine seiner möglichen Schwächen, dass er entweder selbst auf Tilt ist und zum Beispiel nach einigen signifikanten Gewinnen diese Chips jetzt nicht mehr verlieren möchte oder aber nach einem Limit Aufstieg noch zu beeindruckt von den höheren Beträgen am Tisch ist und entsprechend ängstlich agiert.

Die Varianz beim tight passiven Spiel ist regelmäßig unterhalb des Durchschnitts jedoch tendenziell verlustbehaftet. Bedingt durch die Selektion in der Handauswahl hat die tight passive Spielweise je nach Gegnerschaft jedoch auch das Potential gewisse Gewinne zu generieren.
Tight passive Spieler lassen sich auf allen Limits in signifikanter Anzahl beobachten, sowohl live als auch online – jedoch sind tight passive Spieler eher ungern gesehene Gäste in Home Games, in denen es eher um den Spass und die sozialen Aspekte als um die kompetitiven Aspekte des Spiels geht.

Tight Aggressive Spieler

Von allen Spielern, vielleicht mit Ausnahme der stärkeren loose aggressive Spieler, sind die tight aggressive Spieler am ehesten in der Lage, die Schwächen ihrer Gegner auszunutzen. Der Kerngedanke des tight aggressive Spiels ist es, durch eine wohlselektierte Handauswahl häufiger in vorteilhaften Situationen zu spielen als in unvorteilhaften und durch aggressive Bets und Raises das Maximum aus den eigenen starken Händen herauszuholen.

Tight aggressive Spielweise (oben rechts)

Die Stärken der tight aggressive Spielweise liegen in der guten Selektion in der Handauswahl, bedingt durch eine strategisch hinterlegte Spielweise im Durchhaltevermögen am Tisch sowie dem aggressiven Spielen mit guten Karten.
Dennoch birgt das tight aggressive Spiel auch Schwächen, wie zum Beispiel die Gefahr von ABC-Poker (also zu sehr nach Schema F zu spielen) sowie bedingt durch die eher strenge Handauswahl die möglicherweise künstliche Begrenzung der eigenen Gewinne. Die Varianz des tight aggresive Spiels ist mittel bis aufgrund der Aggression hoch, und es lassen sich je nach Spielstärke Gewinne generieren oder zumindest plus-minus 0 spielen.
Die Population an tight aggressive Spielern ist immens und zieht sich durch sämtliche Limits.

Präferierter Spielstil

Für die meisten Spieler hat sich als dominante Spielweise entweder der tight-aggresive Stil oder der loose-aggressive Stil bewährt. Für Einsteiger empfiehlt sich die tight-aggressive Spielweise, da diese
  • verhältnismäßig einfach zu lernen ist
  • schnelle Erfolge generiert und
  • nur durchschnittlichen Schwankungen unterworfen ist,die dennoch nicht vernachlässigt werden sollten

Dennoch birgt sie die GEfahr au Dauer ABC Poker zu spielen, da fast alle sinnvollen Adaptionen am tight aggressive Stil regelmäßig ausserhalb der Komfortzone dieser Spieler liegen.

Entsprechend wichtig ist es, sich auch mit dem loose aggressive Stil vertraut zu machen. das Loose aggressive Spiel ermöglicht tendenziell höhere Winnrates als das tight aggressive Spiel und Adaptionen im Spiel sind für die meisten Spieler einfacher vorzunehmen da sie deutlich eher in der jeweiligen Komfortzone liegen.

Präferierte Spielweisen

Dennoch sollten Einsteiger eher mit dem tight aggressiven Stil beginnen, da der loose aggressive Stil schwieriger zu erlernen ist und Fehler teuer bestraft werden. Zudem sollten loose aggressive Spieler mit der höheren Varianz ihrer Spielweise umgehen können und stets darauf achten nicht in ultra-looses oder ultra-aggressives Spiel zu verfallen. Alle Spielstile die nicht mit einem Daumen nach oben oder zumindest einem ?! versehen sind, haben sich in der Praxis zumindest für die meisten Spieler als unvorteilhaft erwiesen.