Poker Essays

Strategie, Mindset und Beispiele für Theorie und Praxis

Schwierige Entscheidung mit AKo

Einleitung

Kennst du den Spruch AK… sieht gut aus, gewinnt aber selten?! Der Satz mag eine aus der Zeit gefallene und zudem wenig erbauliche Reminiszenz an eine russische ehemalige Tennisspielerin sein. Im No Limit Texas Hold’em Poker ist AK eine der stärksten Starthände und dennoch ist schon das Spiel vor dem Flop in vielen Situationen alles andere als ein No-Brainer.
Ein Beispiel hierfür möchte ich in diesem Video mit dir besprechen und auch, wie du mit ein wenig Equity Berechnung und einer Tabellenkalkulation deiner Wahl deinen Sinn für das Spiel mit den Starthänden im Allgemeinen und Ace King im Speziellen schärfen kannst.

Beispiel Hand

Stell dir folgende Situation vor. An einem Tisch mit 6 Spielern erhält der BB preflop das Ac und den Ks. MP2 raised auf 4 bb, und MP3 erhöht auf 12 bb. Der CO folded, und der BU entscheidet sich für einen Call. Der SB folded, und der BB steht vor der Entscheidung ob und wenn wie er in dieser Situation sein AKo weiterspielen möchte.

Preflop: BB (99bb) holds A♣ K♠
MP2 raises 4bb, MP3 raises 12bb, CO folds, BU(100bb) calls, SB folds, BB ???

Im folgenden möchte ich dir Möglichkeiten zeigen, wie du selbst mit einfachsten Mitteln dein eigenes Spiel analysieren und optimieren kannst. Hierzu untersuche ich mit dir die Spielzüge
- fold,
- all in,
- raise auf 36 bb,
- raise auf 48 bb und
- call.

Vorbereitung und Range Analyse

Der Zug, den du immer als erstes untersuchen möchtest, ist der Fold. Der Erwartungswert – expected Value – eines Folds ist immer 0bb entsprechend schnell ist diese Untersuchung abgeschlossen. Dennoch ist es wichtig zu verstehen, dass die Bewertung der anderen Spielzüge, also All In, Raise oder Call, davon abhängen wird, ob sie einen Erwartungswert haben der größer ist als 0bb.

Den Erwartungswert der anderen Spielzüge ermittelst du, indem du das A♣ K♠ des BB für den jeweiligen Spielzug mit den angenommenen Ranges der Mitspieler vergleichst und die möglichen Resultate mit ihren Wahrscheinlichkeiten versiehst und entsprechend aufaddierst.

Im Falle eines All In haben deine Mitspieler typischerweise die Möglichkeit das All In zu callen oder zu folden. Bei drei Mitspielern, die jeweils zwei Möglichkeiten haben sich zu entscheiden gibt es entsprechend 2 hoch 3, also 8 mögliche Ergebnisse. Diese siehst du in der Tabelle dargestellt – nämliche entweder dass alle Spieler folden, alle Spieler callen, jeweils nur ein Spieler called und zwei Spieler folden oder zwei Spieler callen und ein Spieler folded.

Mögliche Reaktionen auf ein All In

MP2 MP3 BU
1 fold fold fold
2 fold fold call
3 fold call fold
4 fold call call
5 call fold fold
6 call fold call
7 call call fold
8 call call call

Im nächsten Schritt triffst du Annahmen über Ranges deiner Mitspieler. Hierfür empfehle ich dir von meinen Empfehlungen für die Starthände auszugehen und bei Bedarf die Ranges anzupassen. Wenn du entsprechend annimmst, dass MP2 gemäß Starting Hands Charts mit 106 Händen preflop erhöht, aber auf ein All In nur mit QQ-AA sowie AK called, so würde MP2 mit 21 von 106 Händen das All In callen und mit 85 von 106 Händen auf das All In Folden. Entsprechend kannst Du annehmen, dass MP2 in ca 20% der Fälle called und in ca. 80% der Fälle folded.

Rangeanalyse

Für MP3 würdest du vergleichbar prüfen mit welchen Händen er gemäß Starting Hands Charts einen Raise von MP2 erhöht hätte und Annahmen treffen wieviel Prozent seiner Range er called. In diesem Falle QQ-AA was unter den gegebenen Annahmen einer Call Frequenz von 80% und einer Fold Frequenz von 20% entspräche.

Der Call des BU auf einen Reraise von MP3 fällt etwas aus der Reihe und spricht für einen tendenziell schwachen Spieler. Hier musst du mit plausiblen Annahmen arbeiten. Mir erscheint es durchaus plausibel dass der Call mit den 37 markierten Händen erfolgt, von denen der BU 19 Hände auf das All In weiterspielt. Entsprechend erhalte ich eine Call Frequenz von ca. 50%.

All in

Wenn du das Ergebnis einer Erwartungswertberechnung mit den Ranges und Call bzw. Fold Frequenzen tabellarisch darstellen möchtest würde das vermutlich in etwa so aussehen wie hier dargestellt.Jede Zeile der Tabelle entspricht einem der 8 Szenarien die eintreten können wenn du 3 Mitspieler All In setzt. Du kannst nachvollziehen wieviele bb jeder Spieler für jedes der 8 Szenarien investiert und wie groß in jedem der Szenarien der erwartete Pot ist.
Die Equity des BB kannst du für jedes der Szenarien mit einem Tool wie Pokerstove oder dem Pokerstrategy Equilab ermitteln und entsprechend den Erwartungswert des BB für jedes Szenario gegen die Ranges der Mitspieler bestimmen.Über die Call bzw. Fold Frequenzen aus der Rangeanalyse kannst du zudem ermitteln wie wahrscheinlich es ist das die Szenarien eintreten.
Die Summe der gewichteten Erwartungswerte entspricht dem Gesamt-Erwartungswert des All In, in diesem Fall -30.4bb.

EV All In

Das eine Starke Hand wie AK bei einem All In gegen 3 Mitspieler mit einem deutlich negativen Erwartungswert abschneidet mag zunächst überraschen, zeigt jedoch wie wichtig es ist, die Ranges der Mitspieler sachgerecht einzuschätzen und einzugrenzen. Wenn du mit AK nur gegen starke Hände antrittst – und was deine Gegner callen wenn MP2 open-raised, MP3 reraised und du als BB All In gehst hast du in der Range Analyse ermittelt – dann ist es wenig verwunderlich, dass AK ein klarer Underdog in den entsprechenden All In Szenarien ist.

Call

Mit derselben Methodik und unter den vereinfachenden Annahmen, dass MP2 nicht erneut erhöht und 100% called und der BB ab dem Flop im Durchschnitt weder weitere Chips verliert noch gewinnt; also ab dem Flop +-0 spielt kannst du einen Eindruck davon bekommen wie der Erwartungswert eines Call einzuschätzen wäre. Der BB hätte in diesem Szenario eine Equity von 19.06% gegen die Ranges seiner Gegner, würde jedoch unter den getroffenen Annahmen eine Equity von (11bb für den Call geteilt durch die 48,5 des unter diesen Annahmen finalen Pots)22.68% für einen Break Even Call benötigen. Entsprechend ist der Erwartungswert des Calls knapp negativ nämlich -1.8bb.

EV Call

Wenn du davon ausgehst, dass der BB nach dem Flop weitere Chips gewinnt, dann kannst du schnell ausrechnen, dass der EV eines Calls auch durchaus positiv sein kann. Allerdings solltest du auch berücksichtigen, dass MP2 reraisen könnte, woraufhin der EV sich deutlich verschlechtern würde.

Raise 36 und Raise 48

Für die beiden anderen Alternativen, nämlich, dass der BB nicht All In geht sondern auf 36bb bzw. 48bb erhöht, habe ich für dich die Ergebnisse nach der selben Methodik aufbereitet. Als Ausgangsbasis für Annahme der Calling Ranges der Mitspieler habe ich in beiden Fällen auf die Ranges aus dem All In Szenario zurückgegriffen. Wenn Du möchtest knnst Du natürlich aufgrund der geringeren Bet Size auch weitere Ranges ausprobieren. Ausserdem habe ich in beiden Fällen angenommen, dass der BB ab dem Flop keine weiteren Chips gewinnt oder verliert. Auch hier empfehle ich dir selbst nachzurechnen, was passiert wenn du annimmst das der BB gegen die Calling Ranges seiner Mitspieler nach dem Flop Chips verlieren oder weitere Chips gewinnen würde.

EV Raise 36

Mit den vereinfachenden Annahmen ergibt sich für den Raise auf 36bb ein Erwartungswert von -7,3bb und den Raise auf 48bb von -11,7bb.

EV Raise 48

Zusammenfassung AK

Zusammenfassend läßt sich festhalten, dass aufgrund der starken gegnerischen Ranges und der im Verhältnis zum Pot noch großen Stacks der Fold selbst mit einer starken Hand wie AK in diesem speziellen Szenario eine sehr verlässliche Wahl ist – getreu dem Motto Winning by Folding.

Erwartungswerte der möglichen Züge
Move EV
fold 0bb
All In -30.4bb
raise 36bb -7.3bb
raise 48bb -11.7bb
call -1.8bb

Wenn Du davon ausgehst, dass die gegnerischen etwas schwächer sind und du nach dem Flop im Durchschnitt weitere Chips gewinnst, kannst du auch durchaus einen Call einstreuen und am Flop neu bewerten. Sei dir jedoch dessen bewusst, dass ein weiterer Raise vom MP2 den Erwartungswert eines Calls drastisch nach unten ziehen würde.
Die Raises sind gegen die starken gegnerischen Ranges vermutlich die schlechteste Wahl. Der Pot ist noch verhältnismäßig klein und du möchtest nur mit verlässlichen Reads viele Chips gegen gegen 3 Gegner mit starken Ranges investieren. Entsprechend solltest du in diesen Szenarien von einem Raise oder gar All In im Regelfall absehen, außer natürlich dir liegen genau diese speziellen Reads vor.

Ausblick

Ich möchte dich explizit ermutigen die gezeigten Methoden mit der Tabellenkalkulation deiner Wahl und für verschiedene Hände und Szenarien nachzuvollziehen. Du wirst merken, dass du so schnell ein besseres Gefühl für deine Ranges und ihre Spielbarkeit in Situationen besonders gegen mehrere Gegner bekommst. Ersetzt du zum Beispiel AcKs durch J♣ T♠ ergibt sich ein verändertes Bild mit interessanten Erkenntnissen. Dies betrifft sowohl die jetzt andere Zusammensetzung der gegnerischen Ranges – diese werden größer, da du jetzt kein A und keinen K mehr blockierst als auch die Erwartungswerte. So hat das All in mit JTo einen EV von -49,9bb, der call von -4,7bb, das Raise 36 einen Erwartungswert von -15.8bb und das Raise 48 einen Erwartungswert von -22.2bb. Auch für dieses Szenario empfehle ich dir zu prüfen, was passiert, wenn du annimmst, dass du nach einem Call im Durchschnitt weitere Chips gewinnen kannst, da mit den Straight Möglichkeiten von JT ggf. mehr Potential in einem Call ist als mit AK.